Beim Besuch der imperialen Kunst- und Wunderkammern auf Schloss Ambras bei Innsbruck steht man auch vor einigen gläsernen Objekten, die von habsburgischer Hand selbst gefertigt wurden. Diese Objekte sind schön und schlicht und sind Produkte der „Hofglashütte zu Innsbruck“ des Erzherzogs Ferdinand II. Diese Einrichtung kann man sich (Ende des 16. Jahrhunderts) etwa so vorstellen: Der kunstsinnige und steinreiche Erzherzog mietet sich für einige Monate einen venezianischen Glasbläsermeister (Venedig wurde ja praktischerweise einige Jahre davor von Ur-Großvater Maximilian unterworfen) mit allem drum und dran. Der Maestro zieht mit Rohstoffen und knowhow über den Brenner nach Schloss Ambras, wo ein Ofen gebaut wird und der Fachmann mit seinem blaublütigen Schüler nach der perfekten Form sucht. Der Erzherzog behält die schönsten Stücke für seine Wunderkammer und beschenkt Fürstenhäuser in halb Europa mit den Erzeugnissen seines originellen Hobbys.
Mindestens gleich interessant ist der etwas früher gestartete Versuch einiger Unternehmerfamilien, in Hall eine Glasfabrikation aufzuziehen, in frecher Konkurrenz zu Venedig und weil das Inntal zwischen Silberbergbau und Salzgewinnung um 1550 ohnehin so etwas wie das Zentrum der Welt zu sein glaubte. Die Produkte der Haller Glashütte (das Gebäude in der „Lend“ sieht man auf allen historischen Darstellungen der Stadt, heute ist es teil des Altersheimes) waren ambitioniert und gleichzeitig zeigen sie wie schwer es im 16. Jahrhundert schon war, auf der grünen Wiese einen Industriezweig zu etablieren. Die beiden Hauptschwierigkeiten waren einerseits die Rohstoffe – Venedig boykottierte das Tiroler Ansinnen verständlicherweise und so musste die zur Erzeugung des klaren Glases notwendige Pottasche aus Lissabon via Genua durch halb Europa geschifft und gekarrt werden – auf den Verkehrswegen von 1550! Die zweite Schwierigkeit war, dass es in ganz Tirol kaum verfügbaren Brennstoff gab. Die Saline in Hall hatte zwar mit den Kripp’schen Rechen die ideale Infrastruktur zur Anlieferung von Holz auf dem Inn geschaffen… es gelang aber den Glasbläsern nie ganz, sich eigene Holzbezugsrechte zu sichern und somit eine krisensichere Befeuerung ihrer Öfen sicher zu stellen. Die schönsten Stücke der Haller Glasmacher stehen im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum.