Titel
In den letzten Jahren habe ich bei unserer täglichen Innstegrunde den Inn fotografiert, und zwar immer nur die Farbe. Von smaragdgrün, türkis, mintgrün, flaschengrün, chlorophyllgrün, algengrün, taupe, schlammfarben bis braun und grau ist der Inn je nach Wasserlage. Ich habe alle diese Farben aus Glas. Das Farbglas bestelle ich in den USA und da heißen die Farben tree hugger, agua azul, zen, atlantis, andromeda, amazon night, aquamania, timber, lichen, nile, champagne sparkle, gray shade. Namen-erfinden für Farben wäre auch noch ein kreatives Feld… In der Rubrik „Karten“ sehen Sie die Postkarte zum Thema.
Die Glasbläserei Brennero/Brenner erzeugt seit 1996 kunsthandwerklich gefertigten Schmuck aus Glas. Ringe, Ketten, Anhänger und Perlen werden von Susi Hager vor der Glasbläserlampe kreiert.
Diese kurze Beschreibung – wie sie seit damals für die Suchmaschinen auf der Webseite steht – lässt für den eiligen Surfer doch mehrere Fragen offen; einige dieser Rätsel werden auf den folgenden Unterseiten gelöst.
Was ist eine Glasbläserlampe? Wer ist Susi Hager?
An dieser Stelle soll eine Antwort auf die Frage: „Warum heißt eine Innsbrucker Glasbläserei ‚Brennero/Brenner‘?“ versucht werden. Um diese Namensgebung zu verstehen, muss man wissen, dass der Brennerpass ein Sehnsuchtsort für Nordtiroler ist. Das hat in erster Linie damit zu tun, dass dort, nur 35 Kilometer südlich von Innsbruck, der Staat Italien beginnt. Für viele Jahrzehnte war diese Grenze somit ein Tor zur fantastischen Welt der Italienischen Kulinarik (für Eingeweihte: der Brennerjause), der Ferrovie dello Stato, der Sali&Tabacchi (MS ohne Filter), des Brennermarktes und der von diesem zurückgeschmuggelten Einkäufe. Das Wissen um diese kollektive Sehnsucht kann bei einem Tiroler Zeitgenossen vorausgesetzt werden. Weiters ist es in Handwerkskreisen üblich, das zentrale Arbeitsgerät einer Lampenglasbläserei nicht mit seinem technischen Namen „Glasbläserlampe“ zu rufen sondern kurz und bündig „Brenner“.
Jeder Glasbläser arbeitet also das ganze Jahr „am Brenner“, was für Tiroler Ohren beneidenswert klingt. In der bizarren Welt der Tolomei’schen Toponomastik wurde aus dem Brennerpass dann noch die Stabreimgemeinde „Brennero/Brenner“.
Bei der Gründung der Glasbläserei stand dann eine Grundsatzentscheidung an: Soll der Betrieb nach seiner Besitzerin heißen? Susi’s Gläserkastl? Hager’sche Glasbläserei? Keine dieser Varianten konnte sich durchsetzen. Wenn man als Einzelunternehmerin beginnt, kann es auch ein Vorteil sein, hinter einem klingenden Namen ein wenig Schutz zu suchen. In der schönen Tradition, Betriebe oder Produkte nach einer – erreichbaren oder unerreichbaren – Vision zu benennen, heißen Arbeiterzigaretten oft „Noblesse“, „Ducados“ oder „Diplomat“; Die Innsbrucker Glasbläserei, in der ohnehin das ganze Jahr am Brenner gearbeitet wird, heißt folgerichtig „Brennero/Brenner“.